Beiträge, Erinnerungen und Erlebnisse Coburger Bürger

1958
Eintrag vom

In den Fünfziger Jahren war das Überqueren des Schlossplatzes mit dem Fahrrad noch streng verboten.
Im Jahr 1958 brachte mir eine Klassenkameradin vom Land ein Katerchen mit in den Unterricht am Albertinum. Auf dem Pilgramsroth aber war damals laut Mietvertrag im sozialen Wohnungsbau das Halten von Haustieren untersagt. So steckte ich mein Katerchen nach dem Unterricht in einen dicken Wintersocken, um es meiner Freundin zu schenken. Da ich es mit dem Verkehrsverbot auf dem Schlossplatz nicht so genau nahm, überquerte ich ihn auf meinem Rad. Aber der Pressefotograf einer bekannten Coburger Zeitung fotografierte mich bei meinem Verbrechen und rief mir danach noch einige Schimpfworte hinterher, nachdem ich bereits die Allee erreicht hatte. Etliche Tage danach hielt der blaue VW der Stadtpolizei Coburg neben mir, als ich mein Fahrrad gerade den Judenberg hinaufschob. Ein Polizist hielt mir das Foto unter die Nase. Leugnen war zwecklos. Das Foto sei ihnen von „der Presse“ zugeschickt worden. Am Nachmittag hatte ich mich dann bei einem Kommissar Kupfer auf Zimmer 14 einzufinden und musste 5 DM Strafe zahlen. Für mich bedeutete das damals das Taschengeld für zwei Monate.

1945
Eintrag vom

Langsam begann, wenn auch zeitlich beschränkt, wieder ein einigermaßen normales Leben, jedoch mit einer gewissen Unsicherheit. Beim Bäcker gab es wieder Brot, wenn auch begrenzt, wegen der Stromsperre und auch die Geschäfte konnten das, was sie noch auf Vorrat hatten, verkaufen. Leider war das sehr schnell ausverkauft. In dieser Zeit danach lebten wir von dem, was wir auf Vorrat angelegt hatten.

Eintrag vom

Am Beginn des 1. Weltkrieges dachten alle dieser Krieg wäre nur ein kurzer Spaziergang und in ein paar Wochen vorbei. An Not und Elend, die ein jeder Krieg mit sich bringt, dachte damals noch keiner. Die Teuerung nahm in Dörfles, wie überall zu. Das Einkaufen von Lebensmitteln war unmöglich geworden; es wurden fast ausnahmslos Tauschgeschäfte vorgenommen. Die Bewohner aus den Oberlanden um Sonneberg kamen herunter bis in die Coburger-, ja bis in die Bamberger Gegend, um sich Lebensmittel zu beschaffen. Dabei durfte man sich nicht einmal ertappen lassen, sonst war man seine mühsam gesammelten Waren los, denn die Gendarmerie nahm alles ab, was nicht rechtmäßig, d. h. zuteilungsmäßig, erworben war. Und manch armer Schlucker machte hier bittere Erfahrungen.

Dabei war die Not in Dörfles noch nicht einmal so groß, denn jeder Hausbesitzer hatte sich fast ausnahmslos bei der Zerschlagung des Sommerschen Gutes durch den Makler Wertheimer aus Lichtenfels ein Stück Land, das er schon früher gepachtet und versorgt hatte, gekauft. Mancher Hausbesitzer war schon fast ein Kleinlandwirt. Jeder hatte Viehzeug, teilweise schon eine Kuh, zumindest aber Ziegen und sonstiges Kleinvieh. Er baute auch seine Kartoffeln selbst an. So hatte sich der Grundstücksverkauf des Sommerschen Gutes auf die Ernährungslage 1919 in Dörfles günstig ausgewirkt. Hinzu kam, dass fast alle Frauen arbeiteten, entweder bei den zwei Bauern in Dörfles oder auf dem Rittergut Neudörfles. Dort waren immer 20 bis 30 Frauen beschäftigt, denn man lebte ja noch nicht in der Zeit der Maschinerie. Es wurden noch viele Arbeitskräfte gebraucht. Alle diese Frauen, auch wenn der Lohn nicht hoch war (am Tag 70 Pfennig), konnten sich eine Brotration mit nach Hause nehmen. So überstanden ihre Familien doch recht gut diese Notzeiten (1919 – 1922).

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Pferdefleisch
Gleich am Ende des Krieges wurde in Dörfles bekannt, dass überall dort, wo man größere bespannte Einheiten auflöste, Hunderte von Pferden versteigert und verkauf wurden. Da machten sich auch vier Dörfleser Männer auf, um solches Pferdematerial zu erwerben. Einer von ihnen war Kavallerist gewesen und ging uniformiert mit auf die Tour, um besseren Anschluss zu finden. Es wurde auch tatsächlich der Fall, dass man in Schlüchtern in Hessen, in Erfurt und Kassel einige Pferde gekauft und mit dem Bahntransport nach Hause gebracht hat. Bei dem Verstrich in Erfurt waren auch viele verletzte Pferde darunter. Man gab diese als Schlachtware um den Preis von 50 Mark pauschal, ab, damit sie nicht verhungerten. Pferdefutter gab es nicht viel. 30 Schlachtpferde wurden gekauft und nach Dörfles gebracht. Dort wurden sie auf den eigenen Anwesen etwas herausgefüttert und nach und nach geschlachtet, so dass die ganze Einwohnerschaft von Dörfles preiswertes Fleisch bekam.

Spitzbuben
Nach dem verlorenen Krieg war die Moral der Bevölkerung sehr gesunken, Diebstähle waren an der Tagesordnung. So wurden am 20. September 1919 dem Bauern Böhm die Gänse gestohlen, ebensolchen Verlust hatte auch der Lehrer Wilhelm zu beklagen. Das größte „Wildweststück“ leisteten sich aber Spitzbuben auf dem Rittergut Neudörfles.