Während des 15. Jahrhunderts war in der Propstei die Pflege klösterlichen Lebens fast ganz erloschen. Der Bau der neuen Schauseite der Pfarrkirche mit dem feingliedrigen maßwerkgeschmückten Westchor und dem aus schweren Untergeschossen frei aufsteigenden Achteck des Turmes war eine stolze Leistung der Bürgerschaft. Aber noch musste man sich mit dem alten und dunklen Kirchhaus zwischen dem hochgotischen Chor und den neuen Türmen begnügen. Nach einigen behelfsmäßigen Umbauten konnte erst am 28. Mai 1520 (Inschrift über der Tür im nördlichen Seitenschiff) mit der Errichtung des Langhauses begonnen werden. Es war schon beim Bau der Türme als moderne spätgotische Halle vorgesehen worden. Zwei Baumeister, Hans Gris aus Königshofen und Cunz Krebs, werden genannt. Beide müssen die neuen Kirchen der reichen sächsischen Silberbergwerkstädte Annaberg und Feiberg gekannt haben. Das Gewölbe der Orgelempore und besonders das der darüber gelegenen, heute durch den Orgelprospekt verstellten Michaelskapelle, 1519 vollendet, zeigt alle Merkmale der letzten Blüte spätgotischer Wölbekunst (Abb. S. 4). Gris ist 1520 verstorben, an seiner Stelle wurde der damals etwa 26 Jahre alte Cunz Krebs vom Rat der Stadt zum Baumeister bestellt. Das von ihm entworfene Langhaus sollte nach sächsischem Vorbild eine riesige Halle mit gleich hohen Schiffen und reichfigurierten Netzgewölben in „gewundenen Reihungen“ werden. Doch mit fortschreitender Reformation erlahmte auch in Coburg der Bauwille. Krebs, der selbst als Steinmetz handwerklich schaffend am Bau mitwirkte, lebte noch bis 1532 in der Stadt. Er sah die Außenmauern des Langhauses, mit einem Treppentürmchen für eine Empore an der Nordseite, und die acht hohen Steinsäulen, die das Gewölbe tragen sollten, langsam emporwachsen, dann wurde er von seinem Kurfürsten an den Schlossbau nach Torgau berufen.