1929-1933: Die nationalsozialistische Kommunalpolitik 1929-1933, Teil II

Die Nationalsozialisten befanden sich finanzpolitisch in einer bequemen Lage. Man versprach den Coburgern Steuersenkungen und konnte sich somit als soziale Partei, die sich für die Menschen einsetzt, präsentieren. Da die Bayreuther Kreisregierung immer wieder wegen der defizitären Haushalte einschreiten musste, konnte die NSDAP das bestehende politische System als unsozial und ausplündernd darstellen.[1] Die Coburger selbst, die durch die Wirtschaftskrise 1929 große Not litten, nahmen die Entlastungsmaßnahmen der Nationalsozialisten gerne an. Für sie erschien alles gut, was nur zu einer Änderung der bestehenden Verhältnisse führen würde. Die Nationalsozialisten konnten also trotz ihrer zum Teil unsinnigen Finanzpolitik auf einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung bauen.[2]

Neben der Finanzpolitik waren die Nationalsozialisten auch auf dem Gebiet der städtischen Personalpolitik aktiv. Noch auf der konstituierenden Stadtratssitzung am 28. Juni 1929 wurde Schwede, der im Zuge der „Friedmann-Affäre“ aus dem städtischen Dienst entlassen worden war, mit den Stimmen der NSDAP und der Deutschnationalen wieder eingestellt und sogar noch verbeamtet.[3] Des Weiteren sorgte die NSDAP auch dafür, dass die beiden Direktoren der städtischen Werke in den Ruhestand versetzt wurden, da sie damals Schwedes Entlassung befürwortet hatten.[4]   Für derartige Anträge gelang es ihr also durchaus Stadträte anderer Parteien auf ihre Seite zu ziehen.

Eine weitere Personalveränderung trat am 1. April 1931 ein. An diesem Tag wurde der Zweite Bürgermeister Coburgs, Altenstädter, pensioniert. Zu seinem Nachfolger wurde am 17. April Franz Schwede gewählt.[5] Im Oktober konnten die Nationalsozialisten dann den endgültigen Triumph feiern. Da der Erste Bürgermeister Unverfähr den ständigen Angriffen der Nationalsozialisten gesundheitlich nicht gewachsen war, wurde er in den Ruhestand versetzt und Schwede am 16. Oktober 1931 zum Ersten Bürgermeister gewählt.[6]

Parallel zu diesem Ausbau der absoluten Stimmenmehrheit im Stadtrat arbeiteten die Nationalsozialisten daran, alle Schlüsselpositionen in der Verwaltung und in den Leitungen der städtischen Eigenbetriebe mit ihren Mannen zu besetzen. So wurde zum Beispiel Polizeipräsident Janzen genauso wie der deutschnationale Schuldezernent und der Direktor der städtischen Sparkasse durch Nationalsozialisten ersetzt. Dabei ging es nicht um eine Besetzung der Posten mit fähigeren Männern, sondern um die Instrumentalisierung der städtischen Verwaltung und Institutionen für die NS-Parteipolitik.[7] Hervorzuheben ist die Ausschaltung von Sparkassendirektor Konrad Soergel. Die Nationalsozialisten wollten durch seine Abberufung die Gewinne der Sparkasse abschöpfen und parteinahen bzw. parteieigenen Betrieben Kredite zuschanzen.[8]

Neben den Verwaltungsspitzen versuchten die Nationalsozialisten auch auf der unteren Ebene politische Gegner zu schikanieren. So wurden mehrfach sozialdemokratische Arbeiter und Angestellte aus dem städtischen Dienst entlassen.[9]

Zuletzt muss der rapide Anstieg politisch motivierter Gewalttaten erwähnt werden. Nachdem die Nationalsozialisten die Mehrheit im Stadtrat erlangt hatten und 1930, nach der Abberufung von Wilhelm Janzen, auch die städtische Polizei in ihre Hände fiel, schoben sie alle Hemmungen beiseite und versuchten den politischen Gegner nicht mehr nur propagandistisch, sondern nun auch physisch zu bekämpfen.[10] Das war ganz offensichtlich und hätte bei künftigen Wahlen von den Coburger Bürgern berücksichtigt werden können oder müssen.


[1] Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 153.

[2] Asmalsky: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. S. 70.

[3] „Voraus zur Unzeit“. S. 108; Popp, Steffen: Coburgs Weg in den Nationalsozialismus 1919-1931: Die Etablierung des völkischen Antisemitismus und der Aufstieg der NSDAP. Offenbach am Main o. J. (Online unter: https://www.complifiction.net/wp-content/uploads/2012/03/Coburgs-Weg-ins-Dritte-Reich.pdf. Stand: 06. Januar 2010). S. 41.

[4] Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 123.

[5] „Voraus zur Unzeit“. S. 108; Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 127; Asmalsky: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. S. 58.

[6] „Voraus zur Unzeit“. S. 108; Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 127; Asmalsky: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. S. 58ff.

[7] „Voraus zur Unzeit“. S. 17, 108f.; Asmalsky: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. S 63.

[8] „Voraus zur Unzeit“. S. 109;Finzel, Frank / Reinhart, Michael: Spuren: 175 Jahre Sparkasse Coburg. Hauptwege, Nebenwege, Irrwege. Stuttgart 1996. S. 315.

[9] „Voraus zur Unzeit“. S. 17.

[10] Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 133, 136.

Teil I