Das 1. Deutsche Turn- und Jugendfest in Coburg (1860)

„Das erste allgemeine deutsche Turnfest in Koburg: Einzug der Turner in die Veste Koburg“. Originalzeichung von Herbert König. Illustration aus der Leipziger Illustrierten Zeitung (1860). Bild: Landesbibliothek Coburg, Sign. GP 284.

Der liberalen Haltung Herzog Ernst II. war es zu verdanken, dass Coburg Mitte des 19. Jahrhunderts vor dem Hintergrund der „Deutschen Frage“ zum Anziehungspunkt vieler, auf nationale Einheit gestimmter Kräfte aus dem gesamten Bundesgebiet wird. „Sänger, Turner, Schützen sind des Reiches Stützen“ sollte es in späteren Jahren wiederhallen – Sammlungsbewegungen, die im Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha von 1860 bis 1862 ihren Ausgang nahmen.

Der Anfang 1860 in der Deutschen Turnzeitung veröffentlichte „Ruf zur Sammlung“ aller deutschen Turnvereine fasst daher – auch aus Gründen der Zentralität – sogleich Coburg als einen möglichen Veranstaltungsort ins Auge. Der Verfasser des Rufs und Protagonist der deutschen Turnbewegung, Theodor Georgii, schrieb hierzu später:
„[S]o ziemlich in der Mitte von Deutschland gelegen, hat [Coburg] einen Fürsten, […] der schon mehrfach bewiesen, daß ihm des Vaterlandes Wohl, die Förderung deutschen Wesens am Herzen liege und vom dem sich erwarten ließ, er werde sein Land Deutschlands Turnern nicht verschließen.“

Weit mehr als 1.000 Turner strömten vom 16. bis 18. Juni 1860 zum 1. Deutschen Turn- und Jugendfest nach Coburg. Die ganze Stadt tat – von den Bürgern über die Verwaltung bis zum herzoglichen Haus – ihr Bestes, um für die auswärtigen Gäste Quartiere zur Verfügung zu stellen. Mehr als 100 Vereine zogen beim Festumzug mit ihren Turnerfahnen durch die Stadt. Mehr als 50 Turnriegen nahmen an den Demonstrationen auf dem Anger teil, von dem später in der „Gartenlaube“ zu lesen war, es handele sich um „de[n] schönste[n] Turnplatz, der […] in Deutschland zu finden“ sei.

Auf der Versammlung in der herzoglichen Reithalle hatten sich die Delegierten zuvor eindringlich für die „gemeinsame Sache“ eines „allgemeinen deutschen Turnerbundes“ stark gemacht. Von einer Gründung wurde jedoch zunächst abgesehen. Die Vereinsstatuten in den einzelnen Staaten hätten es zur damaligen Zeit ohnehin noch nicht allen Beteiligten zugelassen, einem solchen staatenübergreifenden Zusammenschluss beizutreten. Mit der Zusammenkunft von über tausenden Turnern an einem Ort und dem sich in Coburg entfaltenden Geist war gleichwohl ein entscheidender Schritt zur 1868 offiziell in Weimar erfolgten Gründung der „Deutschen Turnerschaft“ unternommen.