Die Novemberrevolution von 1918 in Coburg, Teil I

Als sich in den ersten Novembertagen 1918 in Kiel, München und Berlin die politischen Ereignisse überschlugen und Deutschland den Schritt vom Kaiserreich hin zu einer Republik machte, blieb die Lage in Coburg ruhig.[1] Die Kunde von der Abdankung Kaiser Wilhelms II. wurde im Coburger Land zurückhaltend aufgenommen.[2] So konnte sich Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha vollkommen unbehelligt auf Schloss Callenberg aufhalten.[3]

Am Abend des 8. November 1918 kam es aufgrund der Ereignisse im übrigen Deutschland zu einer Besprechung zwischen dem Leiter des Staatsministeriums von Sachsen-Coburg und Gotha, Abteilung A in Coburg, Staatsrat Dr. Hermann Quarck, dem Kommandeur des in Coburg liegenden Ersatzbataillons, Oberstleutnant Hans Hartmann Freiherr von Erffa und Herzog Carl Eduard. Sie beschlossen, dass die in Coburg stationierten Truppen, die noch fest in den Händen ihrer Kommandeure waren, den Coburger Bahnhof besetzen sollten, um den Zustrom radikaler Kräfte aus dem Gothaer Raum zu verhindern.[4]

Denn in Gotha war die Lage weit weniger ruhig als in Coburg. Dort wurden am Morgen des 8. November ein Soldatenrat und kurz darauf ein Arbeiterrat gebildet. Die beiden Räte vereinigten sich am selben Tag zum ersten Arbeiter- und Soldatenrat Thüringens unter Führung Wilhelm Bocks. In einem Schreiben an Staatsminister Hans Barthold von Bassewitz forderte Bock, noch am 8. November die sofortige Einberufung des Gemeinschaftlichen Landtags. Als Beratungspunkt nannte er die „gründliche Reform der Staatsverfassung“. Darunter verstand Bock u. a. „die Abdankung des Herzogs und die Zusammenschließung Großthüringens unter republikanischer Staatsform“.[5]

Auch am 9. November war es in Coburg ruhig, revolutionäre Akionen von sozialistischer Seite unterblieben.[6] Auf Befehl des stellvertretenden Generalkommandos in Kassel musste Oberstleutnant von Erffa jedoch die Besetzung des Bahnhofs wieder aufheben und jegliches Blutvergießen vermeiden. Er und die Coburger Garnison folgten diesem Befehl ohne Widerspruch.[7] Damit waren die Zivilbehörden, also die herzogliche Verwaltung, zur Tatenlosigkeit verurteilt; denn die städtische Polizei war zum größten Teil unzuverlässig und wegen der Zurückhaltung des Militärs standen den staatlichen Stellen keine bewaffneten Kräfte zur Verfügung, die ihren Anordnungen hätten Nachdruck verleihen können.[8] Des Weiteren erging an von Erffa die Weisung, einen Soldatenrat zu bilden – auch diesem Befehl folgte er umgehend. Damit hatte sich am 9. November auf Geheiß von oben auch in Coburg ein Soldatenrat gebildet.[9]

[1] Hambrecht, Rainer: Zwischen Bayern und Thüringen – Coburg von 1900 bis 1945. In: Ein Herzogtum und viele Kronen. Coburg in Bayern und Europa. Aufsätze zur Landesausstellung 1997 des Hauses der Bayerischen Geschichte und der Kunstsammlung der Veste Coburg in Zusammenarbeit mit der Stiftung der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’schen Familie und der Stadt Coburg. Hrsg. von Michael Henker und Evamaria Brockhoff. Augsburg 1997. S. 186-196. Hier S. 189.

[2] Erdmann, Jürgen: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. Coburg 1969. (= Coburger Heimatkunde und Landgeschichte. Reihe II. Heft 22). S. 5.

[3] „Nicht durch Krieg, Kauf oder Erbschaft“. Ausstellung des Staatsarchivs Coburg anläßlich der 75. Wiederkehr der Vereinigung Coburgs mit Bayern am 1. Juli 1920. Coburg, den 1. Juli – 1. September 1995. Hrsg. von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns. München 1995. S. 73.

[4] Erdmann, Jürgen: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. S. 5; Albrecht, Joachim: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. Die Coburger NSDAP während der Weimarer Republik 1922-1933. Frankfurt/Main 2005. (= Europäische Hochschulschriften. Reihe II. Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. Band 1008). S. 61.

[5] „Nicht durch Krieg, Kauf oder Erbschaft“. S. 73, 76.

[6] Erdmann, Jürgen: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. S. 5.

[7] Schneier, Walter: Coburg im Spiegel der Geschichte. Von der Urzeit bis in die Gegenwart. Auf den Spuren von Fürsten, Bürgern und Bauern. Coburg 1986. S. 275.

[8] Erdmann, Jürgen: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. S. 6.

[9] „Nicht durch Krieg, Kauf oder Erbschaft“.S. 73; Erdmann: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. S. 6;Hambrecht, Rainer: Die Vereinigung des Freistaates Coburg mit Bayern. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 58/59 (1998/1999). S. 371-390. Hier S. 377.