Ein Beitrag von Werner Kulmai

1998 stand eine große Sanierung der Morizkirche an. Dazu wurde die Westseite von St. Moriz eingerüstet, einschließlich der beiden Türme. Viele Coburger standen staunend davor und es war oftmals zu hören: „Da hinauf möchte ich nicht unbedingt!“. Eine freundliche Geste zeigte damals das Bauamt, denn man konnte darum bitten, die einmalige Gelegenheit zu nutzen und den höchsten Punkt unserer Innenstadt zu besteigen. Dies war natürlich nicht alleine möglich, sondern in Begleitung eines Mitarbeiters. In meinem Fall war es Her Baier, der die Türe zum Bauzaun öffnen könnte. Von nun an ging es aufwärts. Gut und sicher war die Gerüstanlage. Nach wenigen Etagen stand man dem Namensgeber des Casimirianums gegenüber und konnte ihm in die Augen blicken. Weiter ging es nach oben und es mag wohl die halbe Höhe gewesen sein, als ich vom Ausblick fasziniert war, aber auch meine Knie etwas weicher wurden. Mein Vorschlag, es doch bei dieser Höhe zu belassen, wurde lachend abgelehnt. Also weiter – den Blick geradeaus. Etwa 10 Minuten dauerte der Aufstieg, der immer wieder durch kurze Pausen unterbrochen war, die für den herrlichen Blick in alle Richtungen genutzt wurden. Herrlicher Sonnenschein lag über Coburg. An den Dachflächen konnte man erneuerte Schieferplatten sehen und jeder neue Kupfernagel war mit einem Säurestift markiert. Auch hatten sich zwei Dachdecker mit ihren Namen auf einer Schieferplatte verewigt:

Fa. Wunder

August 1998

Tom Peter

Rudi Hildebrandt

Auf dem Rückweg nach untern, die Höhenangst war lange überwunden, wurden weitere Zeitzeugen sichtbar. Auch ein Emblem aus dem 1000-jährigen Reich, es soll wohl 1935 hier angebracht worden sein. In einem Rundgang konnte man lesen: I.G.EM 1783 und daneben Hans Vonberg 1884. Ob dies wohl Steinmetze sind, die sich verewigt haben? Unser Albert, von hier oben klein, aber standfest, wachte über dem Marktplatz. Als wir wieder auf der Höhe von Herzog Casimir angekommen waren, hatten wir Gelegenheit, unseren Blick in die Neugasse schweifen zu lassen, wo der wunderbare Blumenschmuck am Münzmeisterhaus das Herz jeden Gastes und jedes Coburgers hat höher schlagen lassen. Die beigefügten Bilder wurden zwei Wochen später von Uwe Mohaupt fotografiert, als wir mit seiner wesentlich besseren Kamera den Aufstieg nochmals unternahmen. Wenn ich heute an der Kirche vorbei komme, werde ich immer wieder daran erinnert, wie ich 1998 den Wetterhahn ganz oben habe berühren dürfen.