Luthers Predigten in Coburg

von Rainer Axmann

„In meinen Sack, in meinen Sack!“ – es ist nicht neu, dass Personen des öffentlichen Lebens dabei gelegentlich auch in ihre eigene Tasche wirtschaften. Heute wie zu Luthers Zeiten. Als aufmerksamer Beobachter prangerte er solches in seiner Predigt am Ostermittwoch (20. April 1530) in der Morizkirche zu Coburg an: „Jedermann denkt: In meinen Sack, in meinen Sack! Wohl an, so helfe dir der Teufel, dass du auch einmal voll werdest; lieber, wenn wir recht handelten, wir wollten dennoch wohl reich werden. Gott wird dir mehr geben als du denkst.“ Von sieben im April in der Morizkirche gehaltenen Predigten, von denen sechs überliefert sind, fällt jene Predigt durch ihre sozialethischen Aussagen zur Arbeit besonders heraus.


Luther erste Predigt in Coburg war am Karsamstag

Arbeiten zu können sei ganz selbstverständlich, verteilt auf die jeweiligen Arbeitsbereiche, da die Arbeit „nicht einerlei sein“ kann. Dabei habe „ein jeglicher mensch“ seine „bescheiden arbeit“: „Bist du ein Kanzler, ein Schreiber, ein Reiter, tue, was dir zusteht, willig und treulich, so wirst du es auch geniesen“.  So drückt Luther zu seiner Zeit auf seine Weise bereits das Recht auf lebens- und sinnerfüllende Arbeit aus.


Den Ereignissen des Kirchenjahres folgend predigte Luther am Karsamstag in seiner ersten Coburger Predigt über das Leiden und das Kreuz Christi, wobei der Christ im Leiden der Zusage des Trostes und der Hilfe Christi vertrauen dürfe. Die weiteren Predigten an Ostern und in der Osterwoche haben vor allem das Ereignis der Auferstehung Jesu zum Thema. In der Predigt am Ostersonntagnachmittag lobte Luther den Glauben der Frauen am Grab Christi.  Er macht sich ferner Gedanken über die Erziehung der Kinder, wie alsbald auf der Veste Coburg in seiner Schrift „Predigt, das man Kinder zur Schulen halten solle.“ Erziehung und Bildung blieb ihm ein besonderes Anliegen. Und der Rat der Stadt Coburg folgte schon damals seinen Worten.
Drei Predigten sind überliefert, die Luther in der Schloßkirche der Veste vor den auf der Burg anwesenden hielt, mehr oder weniger aus aktuellem Anlass: am 15. September als Kurprinz Johann Friedrich Luther besuchte, am 21. September, dem Tag des Apostels und Evangelisten Matthäus, und am 29. September, dem Michaelistag. Die letzte Predigt dürfte Luther, nachdem Kurfürst Johann am Abend des 1. Oktober vom Reichstag zu Augsburg kommend in Coburg eingetroffen war, am 2. Oktober wieder in der Morizkirche gehalten haben. Dabei zog er aus seiner Sicht u.a. ein kurzes Resümee: dem Teufel sei man glücklich entronnen.


Die 1529 anlässlich des Neubaus des Kirchenschiffs von St. Moriz angebrachte Kanzel von der Luther einst predigte verschwand während der Umgestaltung Anfang der 1740er Jahre wieder, ist heute also nicht mehr erhalten.