Gustav Dietrich – Ein Leben für die Landwirtschaft

Täglich gehen viele Menschen am Haus Allee 12 am Gustav-Dietrich-Haus vorbei, und vielleicht hat sich mancher gefragt: Wer war dieser Gustav Dietrich nach dem dieses Haus benannt ist.?

Es ist nicht einfach über den Protektor der Landwirtschaft im Raum Coburg bzw. dem früheren Herzogtum Coburg etwas in Erfahrung zu bringen. In der Tat muß man sich dabei im Wesentlichen, abgesehen von amtlichen Unterla­gen im Stadtarchiv Coburg oder Staatsarchiv Coburg und anderen Archiven, auf Veröffentlichungen in den Tageszeitungen verlas­sen.

Gustav Dietrich entstammt einer angesehenen Bürgerfamilie Coburgs. Sein Vater, Gustav Eduard Dietrich ist Stadtrichter in Coburg, 1808 geboren, wird 1858 an das Appellationsgericht in Gotha berufen und stirbt dort im August 1859.

Seine 2. Ehefrau und Mutter von Gustav Ludwig Dietrich ist Carolina, geb. Appel, aus der bekannten Coburger Tuchhändlerfamilie. Sie kehrt mit ihren Kindern wieder nach Co­burg zurück.

Gustav Ludwig Dietrich, so der volle Name, geb. 20. Dezember 1847, hatte 6 Geschwister:Ludwig, geb. Mai 1839; Bernhard, geb. August 1841; Franz, geb. Dezember 1844; Eduard, geb. August 1846; Elise, geb. August 1850, sp. Hülbig; Mathilde, geb. Januar 1852, sp. Quarck.

Nach der Rückkehr von seinen Lehr- und Wanderjahren 1872 pachtet Dietrich in den folgenden Jahrzehnten die Domänengüter in Dörfles, Esbach, Gereuth sowie den Festungshof, heute Hotel und Betriebsgebäude an der Straße zur Branden­steins­eb­ene. Er ist der letzte Pächter auf der Domäne Festungshof von 1890 bis 1910, bevor diese im Auftrag von Herzog Carl Eduard zerschlagen wird.

Ernst Eckerlein schreibt in „Coburger Heimat Band 3“: „,In der Erinnerung und mündlichen Überlieferung ist mit dem Namen Gustav Dietrich die Mooshütte verbunden, die am Beginn des Wegs zum Bausenberg gegenüber der Gutsge­bäude stand. Es war eine mit Moos bewachsene Holzhütte. Dort konnte man sich nach dem Spaziergang zur Veste mit kuhwarmer Milch, Buttermilch und einem Butterbrot stärken. Besonders beliebt war die Mooshütte bei den Kindern, hatten diese einmal keinen ,,Fünfer“ bei sich, so bekamen sie die Milch auch umsonst. Die Idylle verschwand als die Domäne Festungshof abgerissen wurde.

Zum 15. Februar 1910 verläßt das Ehepaar Dietrich den Festungshof und nimmt sich in der Bahnhofstraße Haus Nr. 28 eine Wohnung. Helene Dietrich, geb. Fischer aus Wurzbach 1 Thüringen, ver­stirbt am 25. April 1925 in Coburg. Anfang August 1935 verzieht Gustav Dietrich dann nach Neuses und lebt bis zu seinem Tode am 4. Februar 1944 zurückgezogen im Rückert‘schen Gut.

Überblickt man den Lebensweg Gustav Ludwig Dietrichs, so zeigt sich immer wieder sein Weitblick und seine Fürsorge für ,,seine“ Bauern und die Land­wirtschaft, gleichzeitig zeichnen ihn reiches Fachwissen, Zielstrebigkeit und eine unermüdliche Schaffenskraft aus.

Im Alter von 60 Jahren ist Dietrich nicht nur in vielen Organisationen der Landwirtschaft als Berater und Mitarbeiter tätig. Er ist Bauherr, als es daran geht, den Marstall des Herzogs Alfred von Edinburgh an der Allee in ein Haus für ,,seine“ Landwirtschaft zu umzubauen. Sein Bestreben ist es, den unterschiedlichen Organisationen der hiesigen Landwirtschaft, die teilweise heute noch bestehen und an deren Gründungen er oftmals beteiligt ist, bzw. die auf seine Ideen zurück gehen, eine Heimstatt zu bieten.

Sein Eintreten für den genossenschaftlichen Gedanken nach Wilhelm Raiffei­sen führt dazu, daß er sich kurz nach der Jahrhundertwende in der Raiffeisen­familie engagiert. Nicht nur die 25 Jahre als Vorsteher des Seidmannsdorfer Darlehenskassenvereins zeugen von seinem genossenschaftlichen Denken, son­dern gleichfalls die über 30 Jahre dauernde Mitarbeit im Aufsichtsrat der Thü­ringer Hauptgenossenschaft in Erfurt.

In den Jahren während und nach dem 1. Weltkrieg setzt sich Gustav Dietrich sehr für die Bevölkerung ein. So ist er nicht nur tätig um Nahrungsmittel für die Bevölkerung und Saatgut für die Landwirtschaft zu besorgen sondern kümmert sich neben weiteren Aufgaben auch um die Wie­dereingliederung der entlassenen Soldaten.

Sein Wirken für die Bevölkerung während der Not- und Hungerzeiten in den Kriegs- und Nach­kriegsjahren des 1. Weltkriegs dankt ihm die Stadt Coburg und das Land Bayern mit der Ernennung zum Landesökonomierat.