Die Spalatin-Chronik (Teil II)

Die Markgrafen von Meißen (seit 1089) und Landgrafen von Thüringen (seit 1236) hatten seit 1423 auch die sächsische Kurwürde inne. Sie sahen sich daher in der Tradition früherer sächsischer Herrschergeschlechter, etwa der Ottonen (Liudolfinger), denen ein ganzer Chronikband gewidmet ist. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen die einzelnen Herrscherpersönlichkeiten. Der Aufbau der Chronik orientiert sich weitgehend an genealogischen Zusammenhängen. Wegen der dynastischen Verflechtungen verläuft der Erzählfluss stellenweise nicht linear, sondern springt vor und zurück. Innerhalb dieses Gesamtkonzept, das unterschiedlich konsequent ausgefüllt ist, ist eine Fülle von Details über Leben und Taten zahlreicher historischer Persönlichkeiten zu finden; darunter etwa auch Kaiser Heinrichs II. und Kaiserin Kunigundes oder des Landgrafenpaares Ludwig und Elisabeth von Thüringen.

Die Spalatin-Chronik ist bis heute nicht ediert. Ihre wesentlichen Teile liegen als drei voluminöse Handschriftenbände in der Landesbibliothek Coburg. Es versteht sich von selbst, dass sie zu deren ganz besonderen Schätzen zählt. Spalatin konnte sein auf sechs Bände konzipiertes Lebenswerk nicht vollenden. Die Chronik bricht in der Zeit Kurfürst Friedrichs I. von Sachsen, genannt der Streitbare (1370–1428) ab. Die Zeit des Verfassers und seiner Auftraggeber – neben bzw. nach Friedrich dem Weisen waren das sein Bruder Kurfürst Johann von Sachsen, genannt der Beständige (1468-1532) sowie sein Neffe Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen, genannt der Großmütige (1503-1554) – wird nicht mehr wie geplant erreicht. Laut Spalatins Testament von 1535 lagen die Coburger Bände bereits damals gebunden vor. Das inhaltliche bzw. redaktionelle Verhältnis zu einem im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar liegenden vierten Band, der im Testament nur als lose beschriebene und illustrierte Papierlagen aus sechs Blättern („Sexternen“) verzeichnet ist und erst 1681 gebunden wurde, ist verwickelt und nur mit großer Akribie zu analysieren.