Der vorliegende Aufsatz soll dem Künstler August Sommer gewidmet sein. Dieser wurde am 5. März 1839 in Coburg geboren und starb in seiner Vaterstadt am 15. September 1921. Während seines ganzen Lebens war er ein zufriedener einfacher Mensch. Seiner Begabung entsprechend, Köpfe und Figuren zu formen, erlernte er im benachbarten Neustadt bei Coburg das Bossiererhandwerk. Bossieren heißt Herstellung von Formen aus weichen Stoffen, hauptsächlich aus Bossiererwachs. August Sommer wollte aber noch mehr lernen und so studierte er in Stuttgart und München an den dortigen Akademien für bildende Künste. Nach seinem Studium arbeitete er sich allmählich zum Künstler empor. Er war aber zunächst genötigt, seine Schöpfungen in bescheidenem Maße als Broncefiguren zu fertigen.

Im Jahre 1890 kehrte er in seine geliebte Heimstadtstadt Coburg zurück und wohnte bis zu seinem Tode im Hause Lange Gasse Nr. 4. In der Coburger Künstlerzunft St. Lukas gewann er gleichgesinnte Freunde. Als Vorbild für seine Werke wählte August Sommer die griechische Kunst. Seine Schöpfungen zeugen von einer vielseitigen Begabung. Er hat Gestalten mit strotzender Kraft geschaffen, aber auch solche von rührender Schönheit, dazwischen treibt bei seinen Figuren der Schalk sein munteres Wesen. Zu den ersteren gehört seine Arbeit „Centaur im Kampf mit der Schlange“. Als Brunnenfigur steht dieses Werk in Bremen. Wir besitzen davon im Erdgeschoss des Coburger Rathauses einen stark verkleinerten Bronceabguss. Desweiteren befindet sich im Westpavillon des Hofgartens (besser bekannt als Milchhäusle) ein Gipsabdruck von dieser Skulptur. Centauren sind Gestalten aus der griechischen Mythologie. Die bildende Kunst verlieh ihnen als Körper den Oberteil eines Menschen und den Unterteil eines Pferdes. Für Schloss Reinhardsbrunn bei Gotha schuf Sommer ein Denkmal des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha, welches allerdings während der DDR-Zeit zerstört wurde. Seine wohl in Coburg bekannteste Schöpfung ist das Prinz-Josias-Denkmal auf dem Theaterplatz. das am 24. Oktober 1911 enthüllt wurde. Alles, was damals in Coburg Rang und Namen hatte und dazu noch viele auswärtige Persönlichkeiten, nahmen an den Feierlichkeiten teil. Das Standbild zeigt den Prinzen im Alter von 50 Jahren, angetan mit der Feldmarschalluniform damaliger Zeit. Es wurde bezahlt mit der ersten Rate aus der von König Leopold II. von Belgien im Jahre 1907 gegründeten Niederfüllbacher Stiftung. An dem Denkmal arbeitete Sommer bereits drei Jahre. Die Gesamtkosten, einschließlich des Granitsockels der aus dem Fichtelgebirge stammte, beliefen sich auf 28.000 Goldmark. Den Bronceguss besorgte die Firma Lenz in Nürnberg, die auch das Denkmal des Prinzen Albert auf dem Markt gegossen hatte. Ein Werk Sommers, das über ein Jahrzehnt früher als das Josiasdenkmal entstanden ist, befindet sich bei Ziegelsdorf, das man am besten von Scherneck aus erreichen kann. Gegenüber dem Schloss, im Wald versteckt, liegt die Begräbnisstätte des Werner von Seebach, einst Schlossherr von Ziegelsdorf. Im Inneren dieses Mausoleums befindet sich die lebensgroße Figur eines segnenden Christus. Diese wurde von Sommer im Jahre 1897 geschaffen.

Um weitere Kunstwerke Sommers zu sehen, brauchen wir aber nicht nach Ziegelsdorf zu fahren. Ein Spaziergang zum Hofgarten genügt. Im Jahre 1904 wurde zum Andenken an Herzog Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha der Herzog-Alfred-Brunnen errichtet. Die beiden Figuren dort stammen von dem Künstler. Die linke Figur nannte der Künstler „Schreck“ und stellt einen erschrockenen Mohren dar, der von einer Schlange in Schrecken versetzt worden ist. Die anmutige weibliche Gestalt wurde von Sommer als „Idylle“ bezeichnet. Sie verkörpert ein schönes Mädchen. Idylle heißt soviel wie friedlich, einfach schön, was bei diesem Kunstwerk auch zum Ausdruck kommt. Ganz in der Nähe dieses Brunnens steht links auf einem kleinen Hügel der bereits erwähnte Westpavillon, welcher viele Jahre das Atelier August Sommers war. In dieser Wirkungsstätte hat er viele Werke geschaffen. Die schalkhaften grotesken Figuren sind dem Künstler besonders gut gelungen. Im Depot der Städtischen Sammlungen gibt es zum Beispiel eine Broncefigur „In der Not frisst der Teufel Fliegen“, in der dies besonders gut zum Vorschein kommt. Ein weiteres Werk, die Gestalt eines Knaben, der ein Weingefäß trägt, das ein unsichtbarer Feind mit einem Pfeil durchbohrt hat, ergötzt durch das verdutzte Gesicht. Eine ebenfalls humoristische Figur zeigt den „Vergesslichen Teufel“, der mit Hilfe seines Schwanzes einen Knoten bindet, um an irgendetwas erinnert zu werden.

August Sommer war auch der Schöpfer einiger Hermen, das sind Oberkörper menschlicher Figuren auf viereckigen, oben breiten und nach unten schmäler zulaufenden Pfeilern. Das Opernhaus von Wien zierten innen Medaillons von der Kaiserin Maria Theresia, dem Kaiser Leopold und von Mozart, die Sommer geschaffen hat. Die Universitätsbibliothek von Budapest wies zahlreiche Figuren auf, die wahrscheinlich während des Aufenthalts des Künstlers in der ungarischen Hauptstadt entstanden sind. Zahlreiche Grabdenkmäler, so zum Beispiel das des Hofapothekers Heil aus Coburg, zeugen davon, dass Sommer auch von privater Seite Aufträge erhalten hat. Aber nicht nur seine Werke erinnern an ihm heute. Es besteht noch eine August- und Mathilde-Sommer-Stiftung, die von der Stadt Coburg verwaltet wird. Trotz Inflation und trotz Währungsreform wirft sie immer noch 250 Euro jährlich Zinsen ab, die laut Vermächtnis blinden Menschen unserer Stadt zugute kommen sollen, die in Not geraten sind.

Bildquellen:
Bild 1: Der Westpavillon im Hofgarten – das Atelier Sommer (Foto: Christian Boseckert, 2006)
Bild 2: Der Centaurenbrunnen im Treppenhaus des Coburger Rathauses (Sammlung Boseckert)
Bild 3: Das Josias-Denkmal auf dem Theaterplatz (Foto: Christian Boseckert, 2008)
Bild 4: Der Herzog-Alfred-Brunnen mit Skulpturen Sommers (Foto: Christian Boseckert, 2006)