Zur Lebensmittelversorgung

Mitteilung des Städtischen Lebensmittelamtes zur Kartoffellieferung

Haferflocken und Erbsen dienten als Ersatz für den Mangel an Kartoffeln.

Im Schreiben vom 6.2.1920 an die Kommunalverbände beschreibt der Präsident des Ernährungsamtes der Thüringischen Staaten die „bedrohliche Lage der Volksernährung“, der man nur durch „die Aufstellung eines Versorgungsplanes“ entgegen wirken kann, um „die Bevölkerung […] wenigstens vor den Schlimmsten Notständen zu bewahren.“

  • Zur Brotversorgung:

Diese sei „keinesfalls durchweg bis zum Ende des Wirtschaftsjahres sichergestellt […] und die Kommunalverbände [werden] in der Mehrzahl auf  Zuschüsse des Reiches angewiesen sein“. Weiterhin stellt er „eine nicht unerhebliche Kürzung der Brotration und eine Erhöhung der Ausmahlung“ von Seiten der Reichsgetreidestelle fest. Auch werde man die Brotversorgung über die Ernährungsbedürftigen hinaus nur dann sicherstellen können, wenn dafür die Nährmittelverteilung „fast völlig eingestellt“ werde.

  • Zur Kartoffelversorgung:

Hier ist die Lage „noch ungünstiger“. Es sei damit zu rechnen, „dass die nicht auf Bezugschein eingedeckte  versorgungsberechtigte Bevölkerung nach dem gegenwärtigen Stand der Zuweisungen und Lieferungen auf Kartoffeln nicht mehr rechnen kann. Die Zahl der Kommunalverbände, die […] notleidend werden wird, ist erheblich grösser als die der anderen Kommunalverbände […].“ In den meisten Kommunalverbänden sei „der Wochenkopfsatz auf 5 Pfund herabgesetzt worden.“

  • Zur Nährmittelversorgung:

Diese sei „unsicher“. Von Seiten der Reichsverteilungsstelle sei diesbezüglich für den Monat März „außer für Kinder und so gut wie nichts  zugewiesen“ worden. Da Getreidelieferungen und -vorräte möglicherweise dazu genutzt werden müssen, die Brotversorgung zu sichern, wird man auch für die kommenden Monate die Sicherstellung der Nährmittellieferungen mit Ausnahme von Kindern und Kranken nicht sicherstellen können.

  • Zur Auslandseinführung:

Da eine weitere Heraufsetzung der  Ausmahlung des Getreides nur noch im verhältnismäßig geringem Umfange möglich ist und eine nochmalige Herabsetzung der Brotration bei gleichzeitigem Kartoffelmangel unerträglich“ möglich sei, muss der Ausfall durch Auslandseinfuhren gedeckt werden. Dabei sei zu beachten, inwieweit dies durch den Valutastand zu ermöglichen ist. „Es ist daher fraglich, ob von da in den entscheidenden Monaten Lebensmittel in größerem Umfange werden beschafft werden können.“

Mitteilung vom Bezirksamt zur Fleischversorgung
Die Maul- und Klauenseuche führte zur weiteren Verknappung von Fleisch.

Einen Tag später beschreibt er die „ungünstige Lage der Nährmittelversorgung, […] [die] eine weitere wesentliche Verschärfung“ erfahren habe. Denn die Reichsgetreidestelle befindet sich damals nicht mehr in der Lage außer für Kinder, Kranke und sonstige Ernährungsbedürftige die für März eingeplanten Nährmittel den thüringischen Staaten zuzuweisen. Da auch noch zu erwarten sei, dass die Rückstandslieferungen ebenfalls nicht mehr zustande kommen würden, sah sich der Verfasser „außerstande, die Nährmittelversorgung in dem bisherigen Umfange und […] Regelmäßigkeit fortzusetzen“. Deshalb könne er nur für zwei allgemeine Verteilungen Haferflocken an den Kommunalverband Coburg ausgeben. Als Alternative schlägt er die Ausgabe von Kochmehl vor, das noch aus dem vorherigen Jahr übrig geblieben ist.

Im Schreiben des Bezirksamtes  Coburg an den Regierungspräsidenten in Bayreuth vom 4. September 1920 wird berichtet, dass sich die Einbringung der Grummeternte (= zweiter Heuschnitt) verzögere. Die aktuellen Niederschläge seien zu gering, um die Pflugarbeit zu erleichtern. „Der Boden ist noch hart und bleibt schollig.“ Weiterhin halte die Maul- und Klauenseuche an. Dies habe zur Folge, dass die Preise für Milchkühe (10.000 Mark), Milchziegen (2.000-4.000 Mark) und Mastschweine (1.500-1.800 Mark pro Zentner) in exorbitante Höhen steigen und in Schlachtläden weder Wurst noch Fleisch zu erhalten sind. An „volkstümlichen Veranstaltungen“ würden „Schlachtschüsseln“, Schweinefleischerzeugnisse und Rostbratwürste (3 Mark je Stück; zum Vergleich: Vor dem Krieg zahlte man dafür noch 10 Pfennig) zu völlig überteuerten Preisen angeboten. Einzig bei der Kartoffelversorgung konnte ein Teilerfolg erreicht werden, da man sich mit den Vertretern der Bauernorganisationen, der Arbeiter und der Beamtenschaft auf einen Preis von 20 Mark je Zentner für Herbstkartoffeln geeinigt habe.

In einem Schreiben vom Vorstand der Vereinten Coburger Kommunalverbände heißt es: „Zur zeitweiligen Verbilligung des Brotes haben die Vereinten Cob. Kommunalverbände und die Bäcker des Landes gemeinsam Mittel bereit gestellt. Da eine allgemeine Brotverbilligung mit den verfüglichen Mitteln nicht durchführbar ist, mußte sie auf diejenigen Personenkreise beschränkt werden, die nach ihrer ganzen wirtschaftlichen Lage der Berücksichtigung in erster Linie wert scheinen. Diese erhalten durch die zuständigen städtischen Stellen   (Erwerbslosenfürsorgestellen o. ähnl.) […] Gutscheine für je 14 Tage ausgehändigt, die von den Bäckern in Abrechnung auf den Brotpreis in Zahlung genommen werden“.

Schreiben vom Städtischen Lebensmittelamt zum Kartoffelbedarf