Eine kurze Geschichte der Coburger Schützen und des Vogelschießens

von Andreas Mai, Archivwart und Chronist der Schützengesellschaft Coburg 1354

Das Coburger Vogelschießen heute. Foto: Bilddatenbank der Stadt Coburg.

Der Beginn der Schützen- bzw. Sebastiansbruderschaften lässt sich zeitlich nicht genau bestimmen. Sicher ist jedoch, dass diese Vereinigungen etwa im 11. Jahrhundert mit der Verstädterung aufkamen. Hierfür wurde natürlich ein „günstiger“ Sicherheitsfaktor benötigt, was alle wehrfähigen Männer betraf. Während dem einfachen Volk aus finanziellen Gründen als Bewaffnung zur Verfügung stand, was es gerade hatte – Sensen, Dreschflegel usw. – war die mittlere Schicht bereits mit Schwert, Schild oder Lanze ausgestattet. Alle, die Bürger waren d. h. Handwerksmeister, Händler, Beamte und Hofangestellte, konnten es sich leisten mit der Zeit zu gehen und legten sich häufig so genannte Distanzwaffen zu. Die Armbrust und später die Feuerwaffen fanden Einzug zur Stadtverteidigung. Alle unterstanden im Krisenfall dem Fürsten. Die Schützen hatten die Aufgabe den Abschnitt der Stadtmauer zu sichern, der an ihr jeweiliges Viertel grenzte.

Die erste urkundliche Erwähnung eines Coburger Schützen war 1354 als der „scuz Kunz Ecker“ auf die Veste berufen wurde. Um die Schützen bei Laune zu halten – was das Training betraf – wurde zu Anfang in unterschiedlichen Abständen ein Vergleichsschießen abgehalten, welches mit diversen Preisen dotiert war. Diese wurden „Vogelschießen“ genannt, was aus dem „Jagdlichen“ stammt, und wurden ausschließlich mit der Armbrust ausgetragen. Geschossen wurde hierbei auf einen stilisierten Holzvogel, der auf einer langen Stange angebracht war. Derjenige, der schließlich „König“ wurde, hatte es geschafft, das höchste Gesamtgewicht an Holz herunter zu schießen. Man musste schon ein guter Schütze sein, um das Ziel wirkungsvoll zu treffen. Denn: Denkt man sich die Federn weg, bleibt als Ziel nicht mehr viel übrig. Die Fürsten und guten Schützen besuchten auch andere Städte bzw. deren Vogelschießen, da es dort für Geübte durchaus lukrativ werden konnte.
Durch die Wirren der verschiedenen Kriege wurde ein Training immer wichtiger, was zur Folge hatte, dass ab 1599 ein regelmäßiges Schießen mit eindeutigen Regeln abgehalten wurde.

Die Vogelschießen finden bis heute jährlich statt und wurden nur durch Seuchen, Hungersnöte und Kriege unterbrochen. Die Art des Schießens hat sich allerdings geändert. Heutzutage wird in der Schützengesellschaft Coburg (SGC) auf Klappfallscheiben geschossen. Da die Scheibe sofort nach Schussabgabe verschwindet, bleibt der Schützenkönig bis zur Proklamation, am letzten Sonntag des Festes, ein Geheimnis. Heute schießen die Schützen der SGC äußerst erfolgreich in der 1. und 2. Bundesliga, der Landesliga sowie mit den verschiedensten Mannschaften in den Bezirks- und Gauligen.

Der Hauptpreis der Schützenordnung – die so genannte „Schützenfreiheit“ – sah ursprünglich vor, dass derjenige „welcher nach Inhalts dieser verfaßten Ordnung der jährlichen Schützengesellschaft beiwohnen und den Vogel abschießen wird, daß derselbe soll von solcher Zeit an ein ganz Jahr über aller Beschwerungen und Auflagen, damit sonsten unsere Untertanen belegt, als: der Wache, Frohn, Beth, Land- und Trinksteuer befreit und entnommen sein soll“. Kurz: wer aus dem Vogelschießen als Schützenkönig hervorging, genoss in Folge eine für die damalige Zeit umfassende Befreiung von diversen zu leistenden Steuern, Abgaben und Diensten. Ein nicht unerheblicher Anreiz – der nach ausuferndem Missbrauch jedoch 1623 wieder aufgehoben wurde.

Auf die traditionelle Schützenstange wurde noch bis Anfang der 1950er Jahre mit der Armbrust geschossen. Foto: Archiv SG Coburg.