Das Geld der Freiheit

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Nachdem unsere Flucht aus der SBZ, der „Sowjetisch besetzten Zone“ in den „freien Westen“ gelungen war, ging meine Mutter an einem Bahnhof auf eine kleine Holzbaracke zu. „Wechselstube“ stand auf einem Schild. Vorher hatte sie noch das Futter ihres Mantels mit einer kleinen Schere aufgeschnitten und ein paar alte Geldscheine hervorgeholt, die sie darin eingenäht hatte. Ich wartete geduldig mit meinen beiden älteren Brüdern. Als Mama wieder aus der Baracke heraus kam, winkte sie mit ein paar neuen Geldscheinen. So ein Geld hatte ich vorher noch nie gesehen.“Das heißt jetzt nicht mehr Mark. Das Geld heißt jetzt D-Mark. Das ist harte D-Mark! Das ist das Geld der Freiheit!“ Damals wunderte ich mich, warum Geldscheine aus Papier hart sein sollten. Nach Mamas Tod fand ich einen Schein von diesem „Geld der Freiheit“ in einem ihrer Briefumschläge. Er stammt sogar noch aus dem Jahr 1948. Es war das Geburtsjahr der D-Mark, das Jahr unserer Flucht und zugleich das Geburtsjahr unserer Freiheit. Meine Mutter hat ihn über 22 Coburger Jahre aufgehoben. Und ich hatte inzwischen längst vergessen, dass damals die fünfzig Pfennige aus Mangel an Metall zuerst einmal auf Papierscheine gedruckt worden waren. Jetzt hebe ich dieses „Geld der Freiheit“ wie einen kleinen Schatz auf. Es erinnert mich an meine Mutter, die uns Jungen durch die gefährliche Kriegs- und Nachkriegszeit gebracht hat.