5. März 1933: Reichstagswahlen
Im März 1933 musste der Reichstag neu gewählt werden, da sich die Nationalsozialisten, die seit dem 30. Januar 1933 in Deutschland die Regierung stellten, von einer Neuwahl die absolute Mehrheit im Parlament versprachen. Um ihr Ziel zu erreichen, sorgten die Nationalsozialisten mit der nun verfügbaren staatlichen Macht zum einen dafür, dass die Splitterparteien verschwanden. Waren bisher nur 500 Unterschriften von Nöten, um einen Kreiswahlvorschlag aufzustellen, waren es jetzt 60.000 Unterschriften. Durch diese Maßnahme wurde die Parteienlandschaft extrem ausgedünnt. Zum anderen behinderten die Nationalsozialisten ihre Gegner, wo sie nur konnten. So wurden im Reich, aber auch in Coburg KPD-Funktionäre in Schutzhaft genommen. In Coburg im Speziellen wurde das sozialdemokratische „Coburger Volksblatt“ zeitweise verboten. Nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar war ein Wahlkampf für die Gegner der NSDAP kaum noch möglich, da die Presse- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt wurde. Trotz alledem versuchte die SPD sich in Coburg gegen die drohende reichsweite Herrschaft der Nationalsozialisten zu wehren. Diesem Unterfangen war allerdings nur geringer Erfolg beschieden. Die Coburger glaubten eher der NS-Propaganda und ihrem ehemaligen Herzog. Dieser ließ nämlich in einem Interview für die „Coburger Zeitung“ seine Sympathien für Hitler und die NSDAP deutlich erkennen.[1]
Die Wahl am 5. März 1933 hatte folgendes Ergebnis[2]:
KPD | SPD | Deutsche Staatspartei | BVP | DVP | DNVP | NSDAP | Sonstige | |
Coburg insgesamt
Stimmen % |
2.720
5,41 |
12.556
24,95 |
243
0,48 |
3.204
6,37 |
212
0,42 |
4.962
9,86 |
28.473
56,58 |
321
0,64 |
Stadt Coburg
Stimmen % |
653
3,71 |
3.698
20,98 |
166
0,94 |
540
3,06 |
147
0,83 |
2.432
13,80 |
9.889
56,11 |
98
0,56 |
Bezirksamt Coburg
Stimmen % |
1.297
5,14 |
6.331
25,11 |
52
0,21 |
2.631
10,44 |
25
0,10 |
2.290
9,08 |
14.846
58,89 |
108
0,43 |
Stadt Neustadt b. Coburg
Stimmen % |
680
11,95 |
1.846
32,44 |
16
0,28 |
31
0,54 |
36
0,63 |
97
1,70 |
2.872
50,47 |
112
1,97 |
Stadt Rodach
Stimmen % |
90
5,01 |
681
37,88 |
9
0,50 |
2
0,11 |
4
0,22 |
143
7,95 |
866
48,16 |
3
0,17 |
Reich
Stimmen % |
4.847.939
12,32 |
7.181.273
18,25 |
334.315
0,85 |
1.073.551
2,73 |
432.255
1,10 |
3.136.979
7,97 |
17.277.328
43,91 |
5.059.662
12,86 |
Wahlberechtigte | Abgegebene Stimmen | Gültige Stimmen | Wahlbeteiligung in % | |
Coburg | 54.660 | 50.617 | 50.321 | 92,60 |
Reich | 44.664.825 | 39.658.310 | 39.343.302 | 88,79 |
Erklärungen zur Tabelle:
KPD = Kommunistische Partei Deutschlands
SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschlands
BVP = Bayerische Volkspartei
DNVP = Deutschnationale Volkspartei
DVP = Deutsche Volkspartei
NSDAP = Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
Anmerkung: Unter die Sonstigen fällt in dieser Tabelle das Zentrum, da sie in Coburg nicht antrat. Da die Partei aber im restlichen Deutschland rund 4,2 Millionen Stimmen holte, ist der Wert der sonstigen Parteien in der Tabelle so hoch.
(Dass bei den dargestellten Ergebnissen der Reichstagswahl die Anzahl der gültigen Stimmen aus der ersten Tabelle nicht mit der Gesamtzahl der gültigen Stimmen aus der zweiten Tabelle übereinstimmt und auch die Prozentangaben bei den Ergebnissen für das Reich zusammenaddiert nicht 100 % ergeben, hängt damit zusammen, dass nicht alle Parteien in Coburg zur Wahl standen. In der ersten Tabelle fanden nur Parteien Berücksichtigung, die in Coburg kandidiert hatten.)
Der Wahlsieger in Coburg war, wie auch schon bei den letzten Wahlen, die NSDAP. Bis auf in Rodach erreichte sie überall im Amts- und Stadtbezirk Coburg die absolute Mehrheit. Verluste mussten die beiden linken Parteien, KPD und SPD hinnehmen. Dies lag vor allem an der Behinderung dieser Parteien im Wahlkampf durch die Nationalsozialisten. Die bürgerlichen Parteien konnten ihre Stimmenanteile von den Novemberwahlen 1932 halten. Einzig die BVP konnte im Amtsbezirk Gewinne verbuchen. Erreichte sie 1932 rund 2 %, waren es diesmal mehr als 6 %. In der Stadt stagnierte sie bei 3 %.
[1] Keller, Gunther: Coburg und die Weimarer Republik. Der Staat von Weimar im Spiegel der Coburger Wahlen von 1918 bis 1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen an der Universität Bayreuth. Bayreuth 1981. S. 170ff.; Coburger Zeitung v. 18. Februar 1933.
[2] Zahlen nach: Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Statistik des Deutschen Reiches. Band 434. Die Wahlen zum Reichstag am 31. Juli 1932 und am 6. November 1932 und am 5. März 1933 (Sechste bis achte Wahlperiode). Berlin 1935.