1929-1933: Opposition gegen die NSDAP durch die SPD und die konservativen Parteien

Nach den beiden Stadtratswahlen des Jahres 1929 fanden sich die SPD und die bürgerlich liberalen bis nationalistischen Parteien DDP, DVP und DNVP in der Opposition wieder. Die am weitestgehende und deutlichste Opposition betrieben dabei die Sozialdemokraten. Schon im August 1929 erschien im sozialdemokratischen „Coburger Volksblatt“ eine Artikelserie, in der auf die Gewaltbereitschaft der Nationalsozialisten aufmerksam gemacht wurde: „Die Ächtung des politischen Gegners, die Befleckung seiner Ehre, die Mißhandlung, ja die Vernichtung seiner Person, sie werden zu typischen Ausdrucksformen der nationalsozialistischen Bewegung.“[1] Auch in den folgenden Jahren versuchte die SPD im „Coburger Volksblatt“ auf die Auswüchse und Unzulänglichkeiten des NS-Regimes hinzuweisen. So wurde 1932 eine Reihe von Berichten veröffentlicht, in denen die nationalsozialistische Propaganda über Coburg bzw. die vermeintlich guten Taten der NSDAP für Coburg als Lügen und als unzutreffend dargestellt wurden. So wusste das „Volksblatt“ zu berichten, dass die von der NSDAP gepredigte Sparsamkeit nicht eingehalten, sondern stattdessen noch eine dritte Bürgermeisterstelle geschaffen worden sei und Justizrat Dehler, nachdem er im September 1932 zur NSDAP übergetreten war, eine Gehaltserhöhung bekommen habe. Des Weiteren würde die NSDAP verbreiten, in der Stadt gebe es gar keine Wohlfahrtserwerbslosen. Das Gegenteil sei aber der Fall. Rund 1.700 Coburger seien arbeitslos und müssten von der Wohlfahrtsunterstützung leben, die die niedrigste in ganz Bayern sei. Auch wurde die nationalsozialistische Finanzpolitik, die Steuergeschenke ohne Gegenfinanzierung machte, angeprangert.[2]

Im Stadtrat versuchte die SPD durch Boykott der Ratssitzungen gegen die NSDAP zu protestieren. Dieser Weg des Protests war aber eher kontraproduktiv, da man so der NSDAP kampflos das Rathaus überließ.[3] Den Höhepunkt der Auseinandersetzungen zwischen SPD und NSDAP im Stadtrat bildete die Sitzung vom 13. Dezember 1932. In dieser Sitzung hatte nämlich der NSDAP-Bürgermeister Schwede vorgeschlagen, bei den für die Winter- und Weihnachtsbeihilfen infrage kommenden Personen nicht nur deren Bedürftigkeit, sondern auch ihre Unterstützungswürdigkeit durch einen Ausschuss prüfen zu lassen. Stadtrat Bätz von der SPD befürchtete daraufhin, dass bei dieser Prüfung politische Momente ausschlaggebend sein könnten. Diese Kritik verwarf Schwede jedoch und ließ die Sozialdemokraten wissen, dass sie kein Recht auf Opposition hätten. Damit hatte Schwede der SPD ein demokratisches Grundrecht abgesprochen, obwohl 1932 noch die demokratische Weimarer Republik existierte.[4]

Auch die bürgerlichen Parteien betrieben eine Oppositionspolitik, allerdings nicht so vehement wie die SPD und erst recht spät. 1932 distanzierte man sich aufseiten der DVP und der DNVP vorsichtig von der NSDAP. Auslöser war eine Bemerkung Schwedes auf einer NSDAP-Versammlung in Zwickau. Dort hatte er behauptet, dass alle früheren Coburger Stadträte unfähig gewesen seien; auch die, in denen die Konservativen das Sagen hatten. Man hatte aber Skrupel, sich deutlich von der NSDAP abzusetzen, da man vielfach dieselben Ansichten vertrat und den gemeinsamen Hauptfeind in der SPD sah. Ab 1932 boykottierte man zwar wie die SPD die Stadtratssitzungen, doch wie im Falle der SPD, war man zu schwach um etwas ausrichten zu können und überließ der NSDAP kampflos das Rathaus.[5]

Da die Coburger mehrheitlich hinter der NSDAP standen, war die Lage der Oppositionsparteien äußerst prekär. Sie hatten kaum Rückhalt in der Bevölkerung und waren deshalb zu schwach, um den Nationalsozialisten eine echte Opposition zu bieten. Außerdem fehlte es an einer effektiven Plattform für ihren Protest.


[1] Coburger Volksblatt v. 6. und 21. August 1929. Zitiert nach Albrecht, Joachim: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. Die Coburger NSDAP während der Weimarer Republik 1922-1933. Frankfurt/Main 2005. (= Europäische Hochschulschriften. Reihe II. Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. Band 1008). S. 139.

[2] Nach ebenda, S. 141ff.

[3] Ebenda, S. 140.

[4] Ebenda, S. 141f.

[5] Ebenda, S. 147f.