31. Juli 1932: Reichstagswahlen
Nach den Reichspräsidentenwahlen im März und April sowie den bayerischen Landtagswahlen im April 1932 wurden die Coburger im Juli dieses Jahres ein viertes Mal an die Wahlurnen gerufen. Dieses Mal galt es, den Reichstag neu zu wählen. Der Wahlkampf war in der Hauptsache vom Gegensatz zwischen NSDAP und SPD geprägt, da die anderen Parteien in den letzten Jahren zu schwach geworden waren, um einen massiven Wahlkampf zu betreiben. Die NSDAP dagegen zeigte sich siegesgewiss. Sie hatte als Hauptziel die Beseitigung des „Weimarer Systems“ und dessen Ersetzung durch das nationalsozialistische Herrschaftssystem ausgegeben. Nach Aufhebung des Verbots der SA konnte die NSDAP im Wahlkampf aus den Vollen schöpfen. Dies machte sich vor allem in gewalttätigen Auswüchsen bemerkbar.[1]
Die SPD ging in ihrem Wahlkampf in Opposition zu Reichskanzler Franz von Papen. Des Weiteren versuchte sie die Parolen der Nationalsozialisten zu entzaubern, um den scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg der NSDAP zu verhindern. Aufgrund der starken Stellung der NSDAP in Coburg tat sie sich aber bei ihrem Vorhaben sehr schwer.[2] Gegenerischen Argumenten konnte sie stets die kontinuierlich steigende Wählerzahl in Coburg entgegenhalten.
Die Wahl vom 31. Juli 1932 brachte folgendes Ergebnis[3]:
KPD | SPD | Deutsche Staatspartei | BVP | DVP | DNVP | NSDAP | Sonstige | |
Coburg insgesamt
Stimmen % |
2.781
5,91 |
13.208
28,08 |
214
0,45 |
828
1,76 |
263
0,56 |
2.984
6,34 |
26.174
55,64 |
588
1,25 |
Stadt Coburg
Stimmen % |
623
3,82 |
3.716
22,76 |
145
0,89 |
533
3,26 |
145
0,89 |
1.445
8,85 |
9.564
58,58 |
156
0,96 |
Bezirksamt Coburg
Stimmen % |
1.411
5,96 |
7.017
29,65 |
42
0,18 |
264
1,12 |
41
0,17 |
1.355
5,73 |
13.230
55,91 |
305
1,29 |
Stadt Neustadt b. Coburg
Stimmen % |
608
11,30 |
1.846
34,30 |
16
0,30 |
23
0,43 |
63
1,17 |
80
1,49 |
2.629
43,27 |
117
2,17 |
Stadt Rodach
Stimmen % |
139
8,34 |
629
37,76 |
11
0,66 |
8
0,48 |
14
0,84 |
104
6,24 |
751
45,08 |
10
0,60 |
Reich
Stimmen % |
5.282.636
14,32 |
7.959.712
21,58 |
371.800
1,01 |
1.192.684
3,23 |
436.002
1,18 |
2.177.414
5,90 |
13.745.680
37,27 |
5.716.426
15,50 |
Wahlberechtigte | Abgegebene Stimmen | Gültige Stimmen | Wahlbeteiligung in % | |
Coburg | 53.741 | 47.396 | 47.040 | 88,19 |
Reich | 44.211.216 | 37.162.081 | 36.882.354 | 84,06 |
Erklärungen zur Tabelle:
KPD = Kommunistische Partei Deutschlands
SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschlands
BVP = Bayerische Volkspartei
DNVP = Deutschnationale Volkspartei
DVP = Deutsche Volkspartei
NSDAP = Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
Anmerkung: Unter die Sonstigen fällt in dieser Tabelle das Zentrum, da es in Coburg nicht antrat. Da die Partei aber im restlichen Deutschland rund 4,5 Millionen Stimmen holte, ist der Wert der sonstigen Parteien in der Tabelle so hoch.
(Dass bei den dargestellten Ergebnissen der Reichstagswahl die Anzahl der gültigen Stimmen aus der ersten Tabelle nicht mit der Gesamtzahl der gültigen Stimmen aus der zweiten Tabelle übereinstimmt und auch die Prozentangaben bei den Ergebnissen für das Reich zusammenaddiert nicht 100 % ergeben, hängt damit zusammen, dass nicht alle Parteien in Coburg zur Wahl standen. In der ersten Tabelle fanden nur Parteien Berücksichtigung, die in Coburg kandidiert hatten.)
Der klare Wahlsieger war die NSDAP. Während sie bei den letzten Reichstagswahlen vom 14. September 1930 rund 36 % der Stimmen erreichen konnte, waren es nun rund 58,5 % in der Stadt Coburg; 22 % mehr. Die großen Verlierer der Wahl waren die bürgerlichen Parteien. Erreichten Deutsche Staatspartei, BVP, DVP, DNVP und das Deutsche Landvolk 1930 zusammen noch rund 21 % der Stimmen, waren es jetzt nur noch rund 9 %. Der sich schon bei den vorhergehenden Reichs- aber auch Landtagswahlen abzeichnende Trend der Auflösung der bürgerlichen Mitte schritt in Coburg immer weiter voran. Auch die SPD musste herbe Verluste hinnehmen. Die KPD hingegen konnte sich im Vergleich zur Reichstagswahl von 1930 leicht steigern. Im Endeffekt bedeutete dies, dass die extremen Parteien auf der linken und rechten Seite ihre Ergebnisse steigern konnten, während die SPD und die bürgerlichen Parteien immer mehr Stimmen verloren.[4] Wenn es nach den Coburgern gegangen wäre, hätte das Dritte Reich bereits ein halbes Jahr früher begonnen.
[1] Keller, Gunther: Coburg und die Weimarer Republik. Der Staat von Weimar im Spiegel der Coburger Wahlen von 1918 bis 1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen an der Universität Bayreuth. Bayreuth 1981. S. 154f.
[2] Ebenda, S. 155f.
[3] Zahlen nach: Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Statistik des Deutschen Reiches. Band 434. Die Wahlen zum Reichstag am 31. Juli 1932 und am 6. November 1932 und am 5. März 1933 (Sechste bis achte Wahlperiode). Berlin 1935.
[4] Keller: Coburg und die Weimarer Republik. S. 157ff.